BLOG Nr. 18

Man braucht nicht viel Platz, um deutsche und tschechische Jugendliche zusammenzubringen.

Wenn es eine Sache gibt, die ich als deutsch-tschechischer Enthusiast spätestens mit dem Jahr an der Grenze gelernt habe, dann, dass vor allem Kinder und Jugendliche aus dem ländlichen Grenzgebiet für große interkulturelle Aktivitäten und Projekte in der Regel schwer zu begeistern sind. Ganz anders verhält es sich, vor allem in der Weihnachtszeit, mit einem einfachen, gemütlichen Beisammensein am Nachmittag, wo es zudem noch gutes Essen und Geschenke gibt. So luden Herr Bach, der Leiter des Jugendzentrums Großschönau, und die Kinder seines Jugendtreffs zu ihrer ohnehin für sich selbst geplanten Weihnachtsfeier am 20.12. kurzerhand ein paar neue Freunde aus dem nur vier Kilometer entfernten Varnsdorf vom Jugendhaus dům dětí a mládeže ein.

Großschönau hatte gut für die kulinarische Verpflegung gesorgt und sogar selbst warm gekocht (im Bildhintergrund der Nudeltopf ist schwer zu erkennen).

Da der Jugendtreff in Großschönau aktuell noch in einer kleinen Laden- und Bürofläche sitzt, konnten nicht mehr als fünf Jugendliche sowie ein Betreuer aus Varnsdorf zum Weihnachtstreffen kommen. Die Jugendlichen, die letzten Endes kamen, wurden dafür aber umso herzlicher empfangen. Letztlich wurden für sie sogar zusätzliche Geschenke besorgt und auch die Brötchenteller sowie der leckere warme Gemüsenudeltopf, den Herr Bach für die Teilnehmenden vorbereitet hatte, waren etwas praller gefüllt worden. Nachdem also die tschechischen Jugendlichen angekommen waren und Herr Bach ein paar Willkommensworte an sie gerichtet hatte, wurde zunächst gemeinsam gegessen und nach ein paar Schach- oder auch Fußballduellen an der Konsole wurden Lose verteilt und jeder bekam ein kleines Geschenk des Jugendtreffs zugelost. Trotz des wenigen Platzes haben sich alle sehr wohl gefühlt und es war ein angenehm niedrigschwelliges Treffen. Für eventuelle weitere Begegnungen in den nächsten Jahren ist bezüglich des Platzes aber Besserung in Sicht, da der Jugendtreff in die ehemalige Bahnhofsgaststätte im Großschönauer Bahnhofsgebäude einziehen wird.


Doch wie kam es eigentlich zu dieser schönen Weihnachtsbegegnung? Der Kontakt zu den Großschönauern kam über ein einfaches Telefonat zustande, der Jugendtreffleiter war sofort offen für gemeinsame Aktivitäten mit – wie er so schön selbst von Anfang an sagte – neuen tschechischen Freunden und bot auch gleich selbst an, gerne die eigenen Räumlichkeiten oder auch den Garten für Camps im Sommer oder als Startpunkt für Ausflüge in die Region zur Verfügung zu stellen. Solche Leute sind im Jahr an der Grenze Gold wert, da man so immer gleich mit einem konkreten Angebot auf potenzielle Partner auf der anderen Seite der Grenze zugehen kann.

Partner von der anderen Seite der Grenze sollten entsprechend der Vorstellungen der Großschönauer auch nicht zu weit entfernt sein, sodass man sich auch schnell mal am Nachmittag oder Abend unter der Woche besuchen kann. Somit ging der Blick schon gleich ins benachbarte Varnsdorf, praktisch einen Steinwurf von Großschönau entfernt. Herr Bach hat eine Vorliebe für das Schachspielen und konnte sich erinnern, dass es in Varnsdorf auch einmal eine Jugend-Schach-Abteilung im Sportverein gab, zu denen er vor Jahren auch Kontakt hatte und der mit der Zeit aber verloren ging. So machte ich mich auf die Suche und fand nach kurzer Zeit die „eierlegende Wollmilchsau“: Herrn Halba, der in Varnsdorf sowohl im Jugendhaus arbeitet als auch die Schachabteilung des Sportvereins Slovan Varnsdorf leitet. Letzten Endes stellte sich heraus, dass auch er Herrn Bach noch von vor langer Zeit aus dem regionalen Schachspielbetrieb kannte, aber der Kontakt einfach über ein paar Jahre nicht vorhanden war. Auch er war gleich Feuer und Flamme, sodass er kurzerhand der Einladung des deutschen Jugendtreffs folgte und eine Gruppe schachbegeisterter Jugendlicher mitbrachte, die sowohl im Sportverein als auch im Jugendhaus aktiv sind. So konnte bei der ersten Begegnung der Jugendlichen auch gleich etwas Schach gespielt werden, was sehr gut dabei half, das Eis zu brechen.    

Für solche dankbaren Momente setzt man sich gerne wieder für viele Stunden in Regionalzüge und Dorfbusse zur Vernetzung von Menschen im Grenzgebiet.

Herr Halba und Herr Bach konnten bei dem Treffen auch gleich ein paar gemeinsame Termine und Pläne austauschen. Zum Beispiel bot Herr Bach an, dass immer auch ein paar tschechische Jugendliche (oder auch Ältere) jeden Montag zum Training des örtlichen Schachklubs kommen könnten, in dem er selbst auch aktiv ist. Demnächst könnte es also dazu kommen, dass sich die deutsche und die tschechische Seite öfter zum gemeinsamen Schachspiel treffen und sich so längerfristige Freundschaften über den Sport entwickeln. Aber auch unabhängig vom Schachspiel werden beide Jugendeinrichtungen im Laufe des Jahres die eine oder andere gemeinsame Aktion durchführen. Insgesamt muss ich sagen, dass ich über diese Partnerschaft sehr glücklich bin, da es so ziemlich genau das ist, was im Jahr an der Grenze entstehen soll – Partnerschaften und Bekanntschaften, die sich wirklich in einem Umkreis von wenigen Kilometern abspielen, sodass man sich auch mal spontan kurz am Nachmittag oder Abend besuchen kann und auf kurzem Wege abspricht. Außerdem sind die Ansprechpartner beider Einrichtungen gut in ihren Orten und Gemeinden vernetzt. Wer weiß, vielleicht können in den nächsten Monaten im Jahr an der Grenze also noch weitere solcher schönen und vielfältigen Begegnungsmöglichkeiten zwischen Großschönau und Varnsdorf entstehen.

Max melzer