BLOG Nr. 14

Die Grenzregion hat es in den letzten Jahren zweimal in die internationalen Medien geschafft. Das erste Mal im Juli 2019, als die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří UNESCO-Welterbe wurde. Das zweite Mal dann zwei Jahre später, als weitere bedeutende Kurstädte Europas in die Welterbeliste aufgenommen wurden. Darunter waren drei bekannte tschechische und drei deutsche Orte.

Es ist kein Zufall, dass es gerade das Erzgebirge auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes geschafft hat. Seit fünfzig Jahren wird dank des internationalen Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (Oktober 1972) der einzigartige Wert von Bauwerken und Orten hervorgehoben, die eine außergewöhnliche Kombination menschlicher Schöpfungen und natürlicher Gebilde darstellen und einen einmaligen, nicht bezifferbaren Wert besitzen. Die Begründung für die grenzüberschreitende Eintragung des Erzgebirges lautete wie folgt:

“Dank mehr als 800 Jahren fast kontinuierlicher Gewinnung und Verarbeitung von Erzen wurde im Erzgebirge (Krušné hory) eine einzigartige Bergbaulandschaft mit einzigartigen montanen Denkmälern sowohl über als auch unter der Erde und mit einem dichten Netz von Bergbaustädten geschaffen. Es zeigt die enormen Auswirkungen des Bergbaus und der Erzverarbeitung auf beiden Seiten des Gebirges auf die Entwicklung des Bergbaus und der Metallurgie auf der ganzen Welt, insbesondere durch den Beitrag der Erfindungen und Innovationen, die für die Welt bedeutend sind, und zwar in den Bereichen Bergbau- und Metallurgie-Technologien. Auf der tschechischen Seite sind dies die Bergbaulandschaften Jáchymov, Abertamy – Boží Dar – Horní Blatná, Krupka, Mědník und der Rote Turm des Todes (Rudá věž smrti).”

(UNESCO Tschechische Republik)

Um das außergewöhnliche Vermächtnis, das sich im Inneren des Erzgebirges und auf seinem Kamm verbirgt, zu verstehen, bedarf es wahrscheinlich unzähliger Besuche von Stollen, Hämmern, Kalkwerken, Fördertürmen, Spaziergängen entlang von Kanälen und Gräben und vielen Stunden in Museen, Münzhäusern, Bibliotheken, Schlössern und Burgen. Oder die beste Variante von allen: Man macht einen geführten Spaziergang mit Herrn Urban, dem Autor des UNESCO-Nominierungsantrags, der wohl der Fremdenführer mit den fundiertesten Kenntnissen ist.

Montanregion Erzgebirge

Die sächsisch-tschechische Grenzregion hat durch das Weltkulturerbe ganz neue Impulse bekommen und ist zu einem Anziehungspunkt für Touristen aus nah und fern geworden. Die Peripherien Sachsens und Böhmens sind plötzlich in den Fokus derjenigen gerückt, die sich für die Geschichte des Bergbaus interessieren. Leider nicht für lange Zeit, denn nach einem halben Jahr der Freude kam der Lockdown (2020). Viele Menschen erreichten die Informationen über den „Weltruhm“ der „sich am Rande befindenden“ Region somit nicht, obwohl die Vertreter der Montanregion intensiv daran gearbeitet haben.

Noch erstaunter war ich, als ich Einwohner der Region fragte, ob sie wüssten, was für ein wichtiges Kulturdenkmal sich direkt bei ihnen um die Ecke befinden würde – sie wussten es nicht. Viele hatten nicht einmal mitbekommen, dass es von einer weltweit bedeutenden Organisation ausgezeichnet worden war. Kein Wunder, denn auf der tschechischen Seite sucht man das UNESCO-Schild oft vergeblich. Weder in Karlovy Vary (Eintragung 2021) noch in Měděnec (Eintragung 2019) ist es (bisher) im öffentlichen Raum zu finden.

Ich frage mich immer wieder vergebens, warum dem so ist. Wollen wir keine Touristen hier? Haben wir denn gar nichts zu bieten? Schämen wir uns für uns? Was wollen andere denn hier?! Ausländer? – Nein, danke. Ich weiß es nicht, ich habe die Gründe noch nicht gefunden. Im Vergleich dazu ist die Situation auf der sächsischen Seite anders. Hurra, wir sind Welterbe!, verkündet ein Banner auf dem Marienberger Markt und ist das erste, was mir als Besucher ins Auge fällt. Die Sachsen sind stolz auf ihr Kulturerbe, denke ich mir. Dagegen gibt es nichts einzuwenden. Kann man den Stolz auf die eigene Herkunft auch anderen beibringen? Brauchen wir ihn in der Tschechischen Republik? Wozu wäre das gut?  

Ich setze mich auf eine Bank auf dem Markt und lasse die Kulisse der Bergbaustadt auf mich wirken. Genau wie auf der tschechischen Seite ist der Platz der einst berühmten Stadt am frühen Abend fast leer. Trotzdem habe ich das gute Gefühl, dass hier Menschen leben, denen es nicht egal ist, wie ihre Stadt aussieht. Und dass sie stolz sind, wie man hier sagt – eben weil sie Welterbe ist, einzigartig, es keinen zweiten Ort wie diesen auf der Welt gibt, mit dieser Bedeutung! Und das, obwohl er auf einer Deutschlandkarte kaum zu finden ist!

Und was ist mit uns – werden wir unseren (verlorenen) Stolz (wieder)finden?

Bilderquellen :

https://www.unesco.de/kultur-und-natur/welterbe/welterbe-deutschland/montanregion-erzgebirgekrusnohori

Montanregion Krušnohoří-Erzgebirge, http://www.montanregion.cz/cs/mapa

VERONIKA KUPKOVÁ