Der diesjährige Sommer führte mich zu mehreren Veranstaltungen, die zeigen, wie vielfältig die deutsch-tschechische Zusammenarbeit sein kann.
Gemeinsames Musizieren in Jöhstadt
Eine der angenehmsten Überraschungen war für mich der Mitsingabend in Jöhstadt. Alle sechs Wochen treffen sich hier Deutsche und Tschechen in einem malerischen Gebäude bei Patrick und Katja, um gemeinsam zu singen und zu musizieren. Dabei handelt es sich nicht um ein Konzert, sondern eher um einen Abend, bei dem das Publikum selbst zum Akteur wird und die Freude direkt vor Ort entsteht. Als ich ankam, wurde gerade eine irische Ballade gesungen – mitgebracht hatte sie ein Ire, der schon ein Vierteljahrhundert in Annaberg lebt –, und gleich danach erklang das tschechische Volkslied „Já mám malovanou vestu“ (Ich hab eine bemalte Weste). Einer der Teilnehmenden reichte mir eine Trommel, und so beteiligte ich mich nicht nur mit Gesang, sondern auch mit Trommelschlägen. Es war eine kleine, aber eindringliche Erinnerung daran, dass Musik wirklich keine Grenzen braucht. Zum nächsten Treffen werde ich meine Gitarre mitbringen – die Atmosphäre lädt dazu geradezu ein.
Eine Liedertour durchs Erzgebirge
Nicht weniger interessant war die Liedertour zwischen Hirtstein und Preßnitztal – in diesem Jahr bereits der fünfzehnte Jahrgang. Die sechzehn Kilometer lange Route führte durch Wälder, Wiesen und Dörfer im Erzgebirge. An zehn Stationen spielten neunzehn Musiker und Gruppen – von traditionellen Liedern bis hin zu Swing und Improvisation. Dank eines Shuttlebusses zwischen Steinbach und Satzung konnten auch diejenigen mitmachen, die nicht die gesamte Strecke zu Fuß gehen wollten. Mir gefiel die ruhige und freundliche Atmosphäre: Die Menschen blieben hier und da stehen, hörten zu, unterhielten sich und verbrachten den Tag gemeinsam. Es war ein Beispiel dafür, wie man Musik, Bewegung und Landschaft miteinander verbinden kann – und gleichzeitig einen Raum schaffen kann, in dem sich Deutsche und Tschechen auf natürliche Art begegnen.
Pflege der Bergmannstradition in Nové Zvolání
Einen ganz anderen Charakter hatte das Bergmannstreffen in Nové Zvolání, das am 30. August 2025 unter der Schirmherrschaft der Stadt Vejprty stattfand. Die Bergleute kamen in traditionellen Uniformen, in der Kirche wurde eine feierliche Messe zelebriert, eine Band und Imbissstände sorgten für Unterhaltung und Stärkung. Es war inspirierend zu sehen, mit welcher Sorgfalt Einheimische und Gäste die Bergmannstraditionen pflegen und wie diese Veranstaltung zu einem Begegnungsort sächsischer und tschechischer Vereine wird. Ich begriff, dass der Bergbau hier noch immer lebendig ist – nicht nur im Gedächtnis der Region, sondern auch in der heutigen Kultur.
Ein Tag voller Tradition, Musik und Geschichte
Anfang September besuchte ich zudem den Marienberger Holzmarkt – ein traditionelles Fest des Holzhandwerks. Der Platz war voller Handwerksstände, in der Luft lag der Duft von frisch gehobeltem Holz, und vom Podium erklang Musik. Schmiede, Holzschnitzer und Kreativworkshops für Kinder erinnerten daran, wie tief das Handwerk in dieser Region verwurzelt ist. Es gab Kostproben lokaler Spezialitäten und Kirchenführungen, einschließlich der Möglichkeit, den Turm zu besteigen. Ich selbst fand einen ruhigen Platz bei den „Linsensuppen“ und nahm die Atmosphäre der Stadt in mich auf. Der Tag endete mit einem Besuch im Museum Pferdegöpel Rudolphschacht, wo man beim Abstieg in den Schacht einen authentischen Einblick in die Zeit gewinnt, als der Bergbau die Landschaft wie auch das Leben der Menschen prägte.
Abenteuer, Lagerfeuer und neue Freundschaften
Den Höhepunkt des Sommers bildete ein erstes Treffen zwischen deutschen und tschechischen Pfadfindern. Eine Gruppe aus Klášterec nad Ohří traf sich mit der Dresdner Pfadfindergruppe Fangorn bei einer gemeinsamen Exkursion zu den Tyssaer Wänden (Tiské stěny) in der Böhmischen Schweiz. Nach der Besichtigung der Felsenstadt folgten Spiele, ein kurzer Ausflug und smažený sýr – der in Tschechien beliebte panierte Käse – in einem lokalen Restaurant. Am Abend kochten wir dann gemeinsam ein Bohnengulasch, zu dem auch Gruppenspiele und Gespräche gehörten. Die Übernachtung unter freiem Himmel verlieh der Veranstaltung eine echte Pfadfinderatmosphäre und ließ erahnen, dass dies der Beginn einer Zusammenarbeit war, die auch künftig fortbestehen könnte.
Der Sommer brachte also ein buntes Mosaik an Erlebnissen – von Musik über Traditionen bis hin zu Pfadfinderabenteuern. Für mich war es eine Gelegenheit, die Region aus verschiedenen Blickwinkeln kennenzulernen, – und eine Bestätigung dafür, dass auch scheinbar kleine Veranstaltungen Menschen verbinden und neue Wege zur Verständigung eröffnen können.